Kompositionen von Monthati Masebe, Marina Lukashevich, Shasha Chen, Feliz Anne Reyes Macahis, Du Yun
Kompositionen von Dilay Doğanay, Aida Shirazi, Bushra El-Turk, Mirela Ivičević, Brigitta Muntendorf
Unter dem Motto „No excuses anymore I+II“ stürmen am 8. und 9. Juni 2024 zehn der aufregendsten Komponistinnen* unserer Zeit mit impulsgebenden Werken das Programm. Gespielt werden die Konzerte vom Klangforum Wien im Radiokulturhaus.
Zu erleben sind Werke von Monthati Masebe (Komponist:in, Forscher:in und Pionier:in non-binärer Repräsentation aus Südafrika), Marina Lukashevich (Komponistin und Sound Ingenieurin aus Belarus), Shasha Chen (Komponistin, Multimedia-Künstlerin und Performerin aus China), Feliz Anne Reyes Macahis (philippinische Komponistin) sowie die in New York lebende Pulitzer-Preisträgerin Du Yun (Komponistin, Performerin, Aktivistin aus Shanghai/China.) Weitere Highlights stehen auf dem Programm mit Dilay Doğanay (Komponistin aus Izmir/Türkei), Aida Shirazi (iranische Komponistin und Performerin (elektro-) akustischer Musik), Bushra El-Turk (britisch-libanesische Komponistin für Konzert, Theater, Film und Live Art Performances), Mirela Ivičević (Komponistin aus Split/Kroatien und Mitbegründerin des Black Page Orchestra) und Brigitta Muntendorf (deutsch-österreichische Komponistin im Spannungsfeld analog-digitaler Ausdrucksformen).
8. Juni, 19.30 Uhr NO EXCUSES ANYMORE I Programm
Monthati Masebe
MERARO
Innovation und Tradition. Gleichberechtigte Begegnung statt eurozentrischem Blick. In Monthati Masebes Arbeiten verschmelzen südafrikanische indigene Klänge mit elektronischer Musik. Masebe antwortet als Gender Rights-Aktivistin mit ihrer Arbeit auf patriarchale Normen ihrer Heimat, und stellt koloniale Hierarchien infrage. In Meraro fordert sie von den westlichen Instrumenten, sich auf die Klangwelt indigener Mundbögen einzustellen. Ihre Musik wird als entwurzelnd, unheimlich und transzendental beschrieben. Mit der Orchestrierung traditioneller afrikanischer Instrumente und der Erforschung inklusiver Notationen eröffnet Masebe neue Perspektiven einer dekolonialen Musikpraxis.Marina Lukashevich
LULLABY
Seit der politischen Krise in Belarus 2020 stehen Marina Lukashevichs Arbeiten im starken Spannungsfeld zur Dokumentarkunst. Mit Lullaby entwirft sie eine dokumentarische Soundinstallation für Licht und 14 Lautsprecher. Im Zentrum stehen der Körper und die Stimme als Kriegsschauplatz.Sha Sha Chen
401 BLOWS (UA)
Mit der Uraufführung von 401 BLOWS thematisiert die Komponistin, Multimedia-Künstlerin und Performerin ShaSha Chen Gewalt an Mädchen und Frauen, um Ungehorsam gegenüber Autoritäten im Keim zu ersticken. 401 Schläge strukturieren die Komposition. Gegenstände der Bestrafung und Züchtigung, der Einschüchterung und Traumatisierung, dienen als Klangkörper. Im Zentrum steht die Beziehung zwischen Täter und Opfer. Inwiefern wird Gewalt zum unauslöschlichen Teil ihrer Identität? Wie verbindet und trennt Gewalt Menschen? Ist die Bewältigung von Gewalterfahrung überhaupt möglich?Feliz Anne Reyes Macahis
TÍNIG
TíNIG (Voice) ist eine Auseinandersetzung mit der Würde des Menschen und der Fremde. Ausgehend vom philippinischen epischen Gesang im Kontext der zeitgenössischen Musik schafft Feliz Anne Reyes Macahis eine Neubearbeitung ihres Werks für Bläser, Schlagzeug, Akkordeon und Streicher.
Du Yun
WHERE WE LOST OUR SHADOWS
Where We Lost Our Shadows ist ein Stück für Orchester, Video und Solisten, das sich auf die menschliche Migration als eine Frage der immerwährenden Bewegung und des Exodus konzentriert, die sich im Laufe der Geschichte wiederholt und kollektive wie individuelle Traumata von Generation zu Generation weitergibt.9. Juni, 19.30 Uhr NO EXCUSES ANYMORE II Programm
Dilay Doğanay
LULLABY(E)
Die katastrophalen Folgen des jüngsten Erdbebens in der Türkei haben selbst diejenigen, die nicht direkt von der Katastrophe betroffen waren, zutiefst berührt. Die in Ìzmir geborene Komponistin verarbeitet dieses schicksalshafte Ereignis in Lullaby(e) für Schlagzeug, Klavier, Akkordeon, Violine, Violoncello, Kontrabass und Tonband. Der Titel ist eine Anspielung auf ein letztes Schlaflied angesichts der hereinbrechenden Katastrophe.Aida Shirazi
CRYSTALLINE TREES
Crystalline Trees ist inspiriert von dem Gedicht Winter des iranischen Dichters Mehdi Akhavān-Sāless. In seinem Gedicht verwendet Akhavān den Winter als Metapher, um das dunkle und unterdrückerische politische Klima im Iran der 1950er Jahre zu beschreiben. Crystalline Trees für Flöte, Bassklarinette, Schlagzeug, Klavier, Violine, Viola und Cello ist eine Antwort auf die letzten Verse von Akhavāns Werk und reflektiert die Beziehung von innerer und äußerer Dunkelheit.Bushra El-Turk
MURMURATIONS
Schönheit der Synchronität und hochgradige Unerbittlichkeit sind das Grundthema von Murmurations. Gesten japanischer Rituale mit seinen durchdringenden statischen Harmonien und Dynamiken inspirieren die Komposition. Das gesamte Stück dreht sich um eine Verzierung der Note C, deren Melodie die Kernmelodie einer Geigentranskription eines arabischen Taqsim (arabische Art der modalen Improvisation) ist.Mirela Ivicevic
CASE BLACK
Als Sonic Fiction beschreibt Mirela Ivicevic ihre Musik, in der sie das subversive Potenzial des Klangs auslotet, indem sie klangliche und mediale (Neben-)Produkte des Alltags neu kontextualisiert. Case Black für Ensemble und Elektronik setzt sich mit den Folgen der Balkankriege auseinander. »Für mich heißt Musik nicht Flucht vor, sondern Interaktion mit der Welt. Wenn nötig, auch Kampf. Auch wenn ich mittels Klangs eine ›neue‹ Welt kreiere, ist sie dazu da, dass man sich in der einen oder anderen Weise mit der realen Welt auseinandersetzen kann.
Brigitta Muntendorf
NEKROPOLISNEKROPOLIS thematisiert die Frage nach Herkunft und dem Ende einer physischen Existenz. Das Stück ist ein Kapitel aus dem transdigitalen Musiktheater MELENCOLIA - Eine Show gegen die Gleichgültigkeit des Universums, das 2022 bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt wurde. In NEKROPOLIS spielt das Live-Ensemble mit dem physisch nicht anwesenden, virtuellen Ney-anbān-Solisten Saeid Shanbehzadeh. Anfang und Ende bildet ein Kontrabass Solo für E-Kontrabass, singende Säge und Ensemble. Formuliert wird die musikalische Vision einer transkulturellen Zusammenkunft, bei dem aus dem traditionellen westlichen Tonsystem, dem Tonsystem der traditionellen persischen Kunstmusik Dastgāhs und Elektronik ein musikalisches Hybrid entsteht.
Komposition Du Yun, Bushra El-Turk, Shasha Chen, Dilay Doğanay, Mirela Ivičević, Marina Lukashevich, Monthati Masebe, Brigitta Muntendorf, Feliz Anne Reyes Macahis, Aida Shirazi
Musikalische Leitung Katharina Wincor Ensemble Klangforum Wien Violine Annette Bik, Gunde Jäch-Micko, Sophie Schafleitner Viola Chihiro Ono Violoncello Leo Morello Kontrabass Evan Hulbert Schlagwerk Igor Gross, Alex Lipowski, Adam Weisman Flöte Gregory Chalier (Bass, Piccolo), Marina Iglesias (Piccolo, Alt, Bass) (Bass)klarinette Hugo Queirós Oboe Markus Deuter Saxophon(Alt) Gerald Preinfalk Fagott, Kontrafagott James Aylward Horn Christoph Walder Trompete Anders Nyqvist Posaune Ivo Nilsson (Bass) Harfe Tina Žerdin Klavier Johannes Piirto (Klavier, Synthesizer), Florian Müller E-Gitarre Francesco Palmieri Akkordeon Georgios Lolas Sampling Florian Müller Klangregie Peter Böhm
Jury Jana Beckmann, Barbora Horáková Joly, Sofia Jernberg, Sophie Schafleitner, meLê yamomo (Im Fall eines bestehenden Naheverhältnis zwischen einem Jurymitglied und einer sich bewerbenden Komponistin enthielt sich das Jurymitglied der Stimme.)
Ein Projekt der Wiener Festwochen In Kooperation mit Arnold Schönberg Center, ORF Radiokulturhaus, Ö1
Konzept, Projektleitung Jana Beckmann Projektmitarbeit Michael Isenberg Veranstaltungsdesign Gipfeltreffen Nora Refaeil