Cases: approx. 3 hrs. each /
Closing meeting: approx. 4 hrs. + Delivery of judgement
Opening meeting
CASE 4 and CASE 5
CASE 6
With the state contract of 1955, Austria undertook to uphold human rights, respect the rights of minorities, to preserve democracy and to disband Nazi organisations. What about the Austrian Freedom Party, the FPÖ, which has repeatedly attracted attention with fascist statements and has demanded several times that Austria leave the European Convention on Human Rights?
The Vienna Trials look into the threats to democracy and the character of the FPÖ. Is it merely scaremongering to speak of ‘threats to democracy’ and is the FPÖ a party whose position we might not agree with but that has a legitimate place in a democracy? Or does the FPÖ make use of the instruments of a liberal democracy in order to dismantle it?
The trial format serves to kick-start a wider debate on socio-political principles. Following the strict rules of the codes of procedure, real lawyers will question real witnesses, experts, affected parties and protagonists. The judgement will be passed by the people, as represented by seven jury members from the Council of the Free Republic of Vienna.
Livestreams to rewatch
In drei Sitzungen befragt die Anklage das Verhältnis von Art 9 Z 2 StV Wien und § 1 PartG und stellt es in Verbindung zur Vergangenheit und Gegenwart der FPÖ sowie der allgemeinen Radikalisierung der Gesellschaft.
Art 9 Z 2 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich (Verfassungsbestimmung):
„Österreich verpflichtet sich, alle Organisationen faschistischen Charakters aufzulösen, die auf seinem Gebiete bestehen, und zwar sowohl politische, militärische und paramilitärische, als auch alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind.“
§ 1 Parteiengesetz (Verfassungsbestimmung):
„(1) Die Existenz und die Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich (Art. 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930).
(2) Eine politische Partei ist eine dauernd organisierte Verbindung, die durch gemeinsame Tätigkeit auf eine umfassende Beeinflussung der staatlichen Willensbildung, insbesondere durch die Teilnahme an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern und dem Europäischen Parlament, abzielt und deren Satzung beim Bundesminister für Inneres hinterlegt ist.“
Barbara Helige (Vorsitzende Richterin) ist Juristin, war Vorsteherin des Bezirksgerichts Döbling und Präsidentin der österreichischen Richtervereinigung.
Johannes Dietrich (Beisitzer) studierte Rechtswissenschaften an der JKU Linz, wo er seit 2022 Universitätsassistent am Institut für Strafrechtswissenschaften ist und zu politischen Delikten forscht.
Matthias Riesenhuber (Gerichtsdiener) arbeitete im Dispositionsbüro des Wiener Burgtheaters. Später war er kaufmännischer Geschäftsführer des Theater Neumarkt in Zürich. Seit 2018 ist er kaufmännischer Leiter und Geschäftsführer des Wiener Schauspielhauses.
Alfred Noll (Ankläger) ist ein österreichischer Jurist, Rechtsanwalt, Hochschullehrer, Herausgeber, Sachbuchautor und Politiker. Zwischen 2017 und 2019 war er Abgeordneter im Nationalrat für die Liste Pilz (JETZT!). Noll hat in seiner Laufbahn viele bahnbrechende Urteile durchgekämpft.
Veronika Sengmüller (Co-Anklage) ist eine leidenschaftlich die demokratische Gesellschaft und damit den Rechtsstaat verfechtende österreichische Rechtsanwältin. Sie ist auf Straf-, Familien-, Ehe- und Partnerschaftsrecht spezialisiert und vertritt als juristische Prozessbegleiterin Opfer von (zumeist häuslicher) Gewalt.
Frauke Petry (Verteidigerin) war Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD) und Abgeordnete zum Deutschen Bundestag. 2017 trat die Chemikerin aus der Partei aus.
Marcus Pretzell (Co-Verteidigung) ist Rechtsanwalt und ehemaliger Politiker. Er war Europaabgeordneter der AfD, Landtagsabgeordneter sowie Landesparteivorsitzender in Nordrhein-Westfalen. Er verließ die Partei gemeinsam mit seiner Ehefrau Frauke Petry.
Colette M. Schmidt (Gerichtsschreiberin) begann ihre journalistische Laufbahn bei der Kleinen Zeitung. Seit 1994 ist sie Redakteurin für Politik, Chronik und Kultur beim Standard. Sie berichtet seit Jahren investigativ über Rechtsextremismus. Sie erhielt 2002 einen Nestroy Preis als Theater-Autorin und für ihr journalistisches Wirken 2024 den Concordia-Preis.
Shan Kim (Gerichtszeichnerin) ist Studentin an der Klasse für Szenographie und Bühnenbild an der Akademie der Bildenden Künste. Bei den Wiener Prozessen betätigt sie sich erstmals als Gerichtszeichnerin.
Ruşen Timur Aksak ist Journalist und Autor in Wien. Er war Sprecher der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGÖ). Scharf kritisiert er Islamismus, Abschottung und Desintegration muslimischer Communities und Nachsicht mit patriarchalem Machotum.
Kurzfristiger Zusage
Firdous Bisaeva wurde 1999 in Tschtetschenien geboren. Ihre Familie floh über die Türkei nach Österreich. Seit 2003 lebt sie in Wien. Sie ist junge Mutter und studierte Bürokauffrau.
Monika Donner ist Juristin, strategische Analytikerin und diplomierte Lebensberaterin. Die vormalige Offizierin und Ministerialrätin setzt sich für die Freiheit in allen Facetten ein. Dabei wird sie medial dem rechtsradikalen Lager zugeordnet, während sie selbst den „opportunistischen“ Kurs von Herbert Kickl kritisiert.
Friedhelm Frischenschlager war seit seinen Jugendtagen in der FPÖ, wurde 1977 Nationalratsabgeordneter und amtierte von 1983 bis 1986 als Verteidigungsminister in der Regierung Fred Sinowatz. 1993 brach Frischenschlager mit der FPÖ und wurde Klubobmann des Liberalen Forum.
Ulli Gladik ist eine österreichische Filmemacherin. Ihr Film Inland taucht tief und voller Empathie in FPÖ-affine Wählergruppen ein. Inland wurde 2020 als bester Dokumentarfilm mit dem österreichischen Filmpreis ausgezeichnet.
Peter Gridling ist ein österreichischer Beamter und war von 2008 bis 2020 Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Im Zuge der BVT-Affäre wurde er suspendiert. In seinem Buch Überraschungsangriff (2023) schildert er den Skandal und die Rolle von Herbert Kickl und seiner engsten Mitarbeiter:innen.
Kenan Güngör ist ein deutscher Soziologe und Politikberater. Er ist seit 2007 in Österreich tätig. Er ist ein gefragter Experte und public intellectual für den migrationsgeprägten gesellschaftlichen Wandel. Er ist Inhaber des sozialwissenschaftlichen Beratungs- und Forschungsbüros think.difference in Wien.
Fritz Hausjell ist Medienhistoriker, stellvertretender Leiter des Instituts für Publizistik und Medienwissenschaften an der Universität Wien und überdies Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich.
Julian Hessenthaler erlangte als Produzent des „Ibiza-Videos“ große Bekanntheit, das zum Kollaps der Regierung Kurz-Strache führte. Er hat als Unternehmer im Sicherheitsbereich gearbeitet und wurde im Nachgang der Ibiza-Affäre in einem rechtsstaatlich fragwürdigen Verfahren zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt.
Stephanie Krisper ist Politikerin und Nationalratsabgeordnete der NEOS. Neben ihren investigativen Arbeiten in Untersuchungsausschüssen beschäftigt sie sich intensiv mit den Russland-Connections der FPÖ.
Heinz Mayer ist Verfassungs- und Verwaltungsjurist. Der ehemalige Dekan der juridischen Fakultät der Universität Wien ist einer der prominentesten Juristen Österreichs. Von 2005 bis 2006 war er Präsident, seit 2006 ist er Vizepräsident des Beirates von Transparency International Österreich.
Kurzfristige Absage auf Grund von persönlichen Umständen.
Ahmad Mitaev wollte sich 2016 dem IS anschließen und konnte in letzter Minute davon abgehalten werden. Heute hält er Jugendliche vom Extremismus ab. Gemeinsam mit dem Polizisten Uwe Schaffer ist der gebürtige Tschetschene Star des TikTok-Projekts „Cop&Che“.
Ariel Muzicant wurde 1952 in Haifa geboren und ist ein österreichischer Unternehmer. Bis 2012 war er Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien. Er ist Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses und Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses.
Kurzfriste Absage aus gesundheitlichen Gründen
Alexis Pascuttini
ist Jurist und Abgeordneter des „Korruptionsfreien Gemeinderatklubs“ in Graz. Davor war er Abgeordneter der FPÖ und deren Klubobmann, wurde dann aber wegen seiner Bestrebungen zur Aufdeckung des FPÖ-Finanzskandals aus der Partei ausgeschlossen.
Hans Rauscher ist ein österreichischer Journalist und als Kommentator für „Der Standard“ eine Kolumnistenlegende. Als Chronist verfolgt er die österreichische Innenpolitik seit Ende der 1960er Jahre.
Margit Reiter ist Historikerin in Salzburg. Sie forschte zu Geschichte des Nationalsozialismus. Große Wahrnehmung fand ihre Studie Die Ehemaligen. Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ (2019) über die Gründungsgeneration der Freiheitlichen.
Hans-Henning Scharsach ist Journalist und Buchautor. Er ist der Autor zahlreicher Bestseller über Rechtsextremismus, Burschenschaften und Neonazi-Milieus.
Anton Shekhovtsov ist Politikwissenschaftler. Eine seiner Expertisen sind die Verbindungen europäischer Rechtsextremer zu Russland und dem Putin-Regime. Seit 2020 ist er Direktor des Centre for Democratic Integrity mit Sitz in Wien. 2017 erschien sein Buch Russia and the Western Far Right: Tango Noir.
Ursula Stenzel war Journalistin, Moderatorin der "Zeit im Bild", dann EU-Abgeordnete der ÖVP und später Bezirksvorsteherin in Wien Innere Stadt. Danach wechselte sie zur FPÖ, war Gemeinderätin und nicht-amtsführende Stadträtin der Freiheitlichen in Wien.
Kurzfristige Absage auf Grund von persönlichen Umständen.
Natascha Strobl
ist Politologin. In ihren Analysen widmet sie sich insbesondere der Neuen Rechten. Sie ist Autorin des Bestsellers Radikalisierter Konservatismus (2021).
Manfred Tisal ist ein Kabarettist und Autor. Landesweite Bekanntheit erreichte er als "EU-Bauer vom Villacher Fasching". Nach einem Facebookposting gegen Flüchtlinge beendete der ORF die Zusammenarbeit mit ihm. 2019 kandidierte Tisal für die FPÖ zu den Europawahlen.
Robert Treichler ist Journalist und stellvertretender Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "profil". Gemeinsam mit Gernot Bauer schrieb er Kickl und die Zerstörung Europas (Zsolnay-Verlag), das erste biografische Porträt des FPÖ-Chefs in Buchform.
Heinz Bude ist ein deutscher Soziologieprofessor. Er lehrte an der Universität Kassel und ist eine pointierte Stimme in gesellschaftlichen Debatten. Große Aufmerksamkeit über die Grenzen des Faches hinaus gewann er etwa durch Bücher wie Gesellschaft der Angst (2014).
Kurzfristige Absage auf Grund von persönlichen Umständen. Die Expertin Ursula Stenzel übernimmt die Sprecher:innenposition.
Stefan Petzner war Sprecher und enger Vertrauter von Jörg Haider. Er war Politiker der FPÖ und später des BZÖ, dessen zeitweiliger Vorsitzender und stellvertretender Klubobmann im Nationalrat er war.
Christoph Pöchinger
ist ein FPÖ-naher PR-Berater und Geschäftsführer der Agentur Policon. Er war Sprecher der Justizministerin Karin Gastinger und ist vor allem in der FPÖ-Oberösterreich gut vernetzt.
Hosea Ratschiller ist Schauspieler, Kabarettist, Kolumnist, Satiriker, Moderator und Radiomacher. Gegenwärtig ist er mit seinem Programm Hosea auf den Bühnen. Er wurde mit dem Salzburger Stier und dem österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnet.
Florian Scheuba ist ein österreichischer Schauspieler, Kabarettist, Buchautor, Kolumnist und Moderator. Für die Wochenzeitung Falter gestaltet er die Podcast-Reihe Scheuba fragt nach.
Heide Schmidt ist eine österreichische Politikerin. Sie war Abgeordnete der FPÖ, Dritte Präsidentin des Nationalrats und Präsidentschaftskandidatin der FPÖ. 1993 verließ sie die Freiheitliche Partei und gründete mit einer Gruppe von Abgeordneten das „Liberale Forum“. Bei den Präsidentschaftswahlen 1998 erreichte sie als liberale Kandidatin 11,1 Prozent.
Robert Willacker ist ein deutscher Politikberater. In Brasilien geboren, in Franken aufgewachsen, lebt er heute in Wien. Er hat unter anderem mit Manfred Haimbuchner (FPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ) zusammen gearbeitet.
Der Antrag der Anklage wird abgewiesen.
Die Geschworenen haben einstimmig festgestellt, dass das der FPÖ zuzurechnende Verhalten ihrer Parteifunktionäre und -funktionärinnen demokratiegefährdend ist. Das Verfahren habe deren Versuche aufgezeigt, den Rechtsstaat zu beeinflussen und die freien Medien anzugreifen. Mit einer Sprache, die zur Spaltung der Gesellschaft beitrage, lenke die FPÖ von den tatsächlichen Herausforderungen und Sorgen der Menschen ab und gefährde die Demokratie.
Mit 5 zu 2 Stimmen haben die Geschworenen weiter festgestellt, dass in einem demokratischen Rechtsstaat aus der Verpflichtung zur Gewährleistung von Parteienvielfalt folgt, dass auch Parteien, die antidemokratische Ziele verfolgen, staatlich zu fördern sind. Folglich stellen die Geschworenen fest, dass auch der FPÖ ein Anspruch auf staatliche Parteienförderung zukommt.
Folgende Empfehlungen ergeben sich aus dem Urteil:
Empfehlung 1:
Die Republik Österreich muss tatsächlich prüfen, ob ihr aus Art 9 Staatsvertrag von 1955 die Finanzierung von Parteien verboten ist, die bestrebt sind, die österreichische Bevölkerung oder Teile dieser ihrer demokratischen Rechte zu berauben.
Außerdem muss die Republik Österreich Untersuchungsverfahren einleiten, wenn Beweismittel dafür sprechen, dass eine Partei oder Institution tatsächlich antidemokratische Ziele verfolgt.
Empfehlung 2:
Die Freie Republik Wien hat sich künstlerisch und strukturell mit der Komplexität von Vielfalt auseinanderzusetzen. Die Öffnung der Institution Wiener Festwochen durch beispielsweise den Rat der Republik ist ein demokratieförderndes Instrument, doch ebenso muss die Freie Republik sich aktiv mit demokratiegefährdenden Elementen auseinandersetzen.
Dabei trägt sie sehr wohl die Verantwortung eine Stimmvielfalt herzustellen, aber auch die Verantwortung Hetze, Rassismus und rechten Ideologien nicht unter den Schutz der Kunstfreiheit zu stellen.
Empfehlung 3:
Man muss die Gerichte, den Rechtsstaat und den freien Journalismus fördern. Nur dann können demokratiefeindliche Parteien keinen Schaden anrichten. In diesem Sinne ist der Prozess ein Beitrag zur freien Meinungsäußerung und zum Journalismus. Daher hat eine Demokratie keine Angst vor Demokratiefeindlichkeit.
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