María Galindo

Biografie
María Galindo (La Paz, 1964) “Ich bin Hure, ich bin Lesbe, ich bin Bolivianerin. Ich kann nur durch die Konstruktion verbotener Allianzen zwischen diesen diskursiven und politischen Positionen existieren, die einander vermeintlich widersprechen. Ich erhebe meine Stimme vom Schauplatz von Folter und Gewalt, aber nicht um Zeugnis zu geben, sondern vielmehr um aus einer Position des Ungehorsams heraus Glück zu imaginieren.“ Dies sind Worte der Selbstvorstellung von María Galindo, Künstlerin, Performerin, Aktivistin, Schriftstellerin und Mitbegründerin des bolivianischen Kollektivs Mujeres Creando. Durch das Einbringen subalterner Praktiken und Wissen indigener Frauen und die politischen und literarischen Traditionen von Anarchismus, Punk und nicht-weißem Feminismus in die Konversation hat María Galindo in den letzten 15 Jahren eine radikale künstlerische Praxis entwickelt. Aber was kann Kunst im Kontext eines autoritären Neokolonialismus, in dem die Logiken von Feminismus und indigener Identitätspolitik als neue Kontrollstrategie in den humanistischen, religiösen und neoliberalen Diskurs absorbiert wurden, ausrichten? María Galindo antwortet mit der Verlagerung von Kunst aus den Markt und den Galerien an den Ort, wo sie geboren wurde: der öffentliche Raum, das soziale Ritual. Gegen die ethnische und sexuelle Säuberung des Körpers positioniert treibt María Galindos Arbeit den Terror der Kolonialgeschichte mittels einer verfälschten, ikonoklastischen Theatralisierung katholischer und patriarchaler Symbole aus. Gegen die kapitalistische Ökonomie der Ausbeutung und ökologischen Zerstörung benutzt María Galindos künstlerischer Animismus „billige“ du „kaputte“ Objekte und Körper und erfüllt sie als Totems einer kommenden poetischen Revolution mit neuem Leben, das danach strebt, unsere konventionellen Perzeptionsweisen und unsere Ökonomie des Begehrens herauszufordern. Ihre mehr-als-Kunst gehört zu einer Erblinie von Kunst-Schaman:innen, in der wir auch die Arbeiten von Pedro Lemebel und las Yeguas del Apocalipsis, Ocaña, Miguel Benlloch, Sergio Zevallos, Beau Dick, Lygia Clark, Michel Journiac, Ulrike Ottinger, Annie Sprinkle und Beth Stephens, Vala Tanz oder Guillermo Gómez Peña verorten können.
Von Paul B. Preciado